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Das „dicke Ende“ kommt zum Schluss! Drei Hürden beim Retourenmanagement für den eCommerce Mittelstand

An wen denken Sie beim Stichwort eCommerce? Vermutlich an die wenigen großen Anbieter wie Amazon, eBay oder Zalando. Gerade im Mittelstand-Mekka Deutschland gibt es jedoch viele weitere Unternehmen, die sich sehr erfolgreich im Onlinehandel etabliert haben: Von Händlern für spezielle Zielgruppen oder Warensegmente bis zu solche, die den Cross-Over vom stationären Handel zum Omnichannel-Geschäft geschafft haben. Alternativen zu den dominierenden Marktführern liegen voll im Trend. Aber auch bei Anbietern, die den Sprung in den Onlinehandel geschafft haben, kommt für manchen das „dicke Ende“ in Form der Retouren. Wir haben drei Hürden identifiziert, die das Retourenmanagement gerade für den Mittelstand zu einer gefürchteten Problematik machen.

Nach Jahren der Konsolidierung wächst die eCommerce-Landschaft zurzeit wieder. Die Studie „Die Marktplatzwelt 2020“ listet für die DACH-Region mehr als 170 verschiedene Marktplätze. Daneben gibt es zahlreiche spezialisierte Onlineshops. Der Trend hin zu individuelleren Angeboten kommt vor allem aus der jüngeren Käufer-Generationen. Sie bevorzugen laut aktueller Studien Marken und Anbieter, die einen tieferen Sinn und Zweck authentisch und nachvollziehbar vertreten und verlangen auch von den Händlern ethisches Handeln. Die Einstellung dieser Gruppe hat laut Einschätzung von Analysten massive Auswirkungen auf das Verbraucherverhalten. Denn sie setze sehr bewusst ihren Einfluss und ihre Kaufkraft ein, um eigene Wertvorstellungen durchzusetzen. Über das Thema Nachhaltigkeit hat so auch der sogenannte „ReCommerce“, der erneute Verkauf zurückgesendeter oder gebrauchter und geprüfter Waren, Einzug in den Onlinehandel gefunden.

 

Mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit ist auch der Umgang vieler Händler mit Rücksendungen, die teilweise sogar vernichtet werden, massiv in die Kritik von Verbrauchern, Verbänden und der Politik geraten. Die „Obhutspflicht für Händler“ soll im Rahmen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) stärker gesetzlich verankert werden. Dies umfasst u.a. das Verbot, Elektro- und Elektronikgeräte vor oder nach der Rücksendung an den Händler durch eine Entsorgung dem Markt zu entziehen, wenn diese nach einer Instandsetzung oder Wiederaufbereitung noch nutzbar wären. Zudem sollen Händler zukünftig Verzeichnisse über alle Retouren sowie deren Verbleib führen. Verstoßen Sie gegen diese Vorgaben, könnten sie gesetzlich belangt werden. Aber wie sollen mittelständische Unternehmen diese Anforderungen umsetzen? Vielen Anbietern fehlen die Ressourcen, um alle Prozesse intern abzubilden und dabei auch noch die geforderte Transparenz sicherzustellen.

Drei Hürden für den Mittelstand

  • Fehlende Priorisierung und Zuständigkeit

Der eCommerce-Markt bewegst sich schnell. Daher gibt es für die Verantwortlichen fast immer eiligere, geschäftskritische Aufgaben, um das Tagesgeschäft am Laufen zu halten. Besonders durch die gestiegene Nachfrage in den Pandemie-Jahren sind viele Mittelständler bereits an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen. Auf den ersten Blick hat es daher eine weit weniger hohe Priorität, wie effektiv oder profitabel die unvermeidlichen Rücksendungen abgewickelt werden.

Bei Großunternehmen gibt es meist einen “Reverse Logistics Manager”. Mittelständische Anbieter hingegen haben oft keinen dedizierten Verantwortlichen für die Prozesse rund um das Retourenmanagement. Daher fehlt häufig die strategische Einbindung dieses Bereichs in die übergreifende Geschäftsstrategie. Das betrifft Investitionen in neue Systeme oder strategische Partnerschaften genauso, wie Portfolio-Erweiterungen oder andere Geschäftsentscheidungen. Wenn zum Beispiel das Produktsortiment erweitert wird, berücksichtigen die Verantwortlichen dabei selten, wie sich dies auf das Retourenmanagement auswirkt.

 

  • Komplexe Prozesse und mangelnde Ressourcen

Sicherzustellen, dass Kunden Produkte bequem zurücksenden können, ist nur der erste Schritt im Retourenmanagement. Nach der Annahme der Rücksendungen folgt das sogenannte „Grading“. Darunter fällt die Prüfung, Evaluierung und Aufarbeitung von zurückgegebenen Produkten. Dies ist eine arbeitsintensive und zeitaufwändige Aufgabe. Es müssen einerseits die verschiedenen Retouren-Kategorien, von „neuwertig“ bis „stark beschädigt“, berücksichtigt werden. Andererseits erfordern Produkte wie Kaffeemaschinen, Smoothie-Mixer, Möbel oder Sportgeräte völlig andere Bearbeitungsprozesse als Produkte mit personenbezogenen Informationen, wie Laptops und Fernsehgeräte. Je diverser das Warenportfolio, desto mehr Testverfahren und Fachkräfte sind erforderlich. Fehler bei der Bewertung und Aufbereitung führen zu sofortigen Gewinneinbußen.

Jedes “Grading” sollte zumindest eine Funktionsprüfung und -beschreibung sowie die Reinigung der retournierten Produkte, die Anfertigung detaillierter Fotos und die sichere Entfernung personenbezogener Daten umfassen. Im Anschluss müssen sich die Unternehmen um die Rücksendungen kümmern, die wieder verkauft werden sollen. Die Abwicklung der notwendigen Schritte zur Auflistung der Produkte und die Bekanntmachung aller erforderlichen Informationen in den verschiedenen Vertriebskanälen – Marktplätze, Auktionsplattformen und/oder eigener Websitebereich für B-Ware – erfordern ebenfalls Personalressourcen und verursachen Kosten.

Mittelständische Unternehmen verfügen häufig nicht über die Ressourcen und technischen Einrichtungen, um alle Retourenmanagement-Prozesse intern abzuwickeln. Softwarelösungen können die Abwicklung unterstützen, die Implementierung ist jedoch nicht für jeden Anwendungsfall rentabel. Spätestens bei überquellenden Warenlagern sind viele Händler so mit der Retouren-Thematik überfordert, dass sie sich dafür entscheiden, die Warenliquidierung über Großabnehmer abzuwickeln. Das ist allerdings die am wenigsten rentable und nachhaltige Art, Retouren zu verkaufen. Je nach Warengruppe erzielen die Produkte dabei oft nicht einmal 10 Prozent des eigentlichen Warenwerts und einige Retouren werden sogar vernichtet.

 

  • Unterschätzte Profitbremse

Allein im deutschen Onlinehandel machen die Kosten für Retouren jedes Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag aus und hohe Verluste durch Retouren können die Bilanz empfindlich belasten. Aufgrund der fehlenden Priorisierung, Zuständigkeit und strategischen Einbindung, fehlt in vielen Unternehmen jedoch bereits die grundlegende Transparenz über alle Kosten, die mit den Retourenprozessen verbunden sind. Zusätzlich gibt es weitere Faktoren, die zu verlorenem Potenzial und entgangenen Gewinnen führen können – etwa, wenn die Rücksendungen nicht rechtzeitig wiederverkauft werden oder die Entscheidungen über den Vertriebskanal und die Preisgestaltung nicht klug getroffen werden.

Diese Betrachtung zeigt: Ein effizienteres und nachhaltigeres Retourenmanagement bietet viele Ansatzpunkte, um Kosten zu senken und die Profite zu erhöhen. Außerdem bietet ein nachhaltigerer Umgang mit Retouren und deren Rückführung in den Konsumkreislauf einen guten Ansatz für die Positionierung, die Differenzierung des Wettbewerbes und das Gewinnen neuer Kundengruppen.

Whitepaper als Orientierungshilfe

Unser Whitepaper „Retourenmanagement: Versteckte Kosten und verschenkte Potenziale“ gibt eine genaue Übersicht über (versteckte) Kosten in den verschiedenen Prozessschritten des Retourenmanagements und zeigt auf, wo sich Gewinnpotenziale verstecken. Eine Checkliste hilft dabei einzuordnen, welche Bereiche ein Unternehmen intern abdecken kann und wo Prozesse mit externer Hilfe eines Partners optimiert werden könnten.

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